Der Schöpfer - Jahwe?

JAHWE der Schöpfer?

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Niemand würde sich heute mehr mit diesem unscheinbaren Binnenvölkchen, welches sich den Namen Israel gab, befassen, wenn es sich nicht eine so starke und eigenartige Glaubensform entwickelt hätte. Zweifellos aber war der ursprüngliche Jahwismus eine Naturreligion. Alle Feste knüpfen sich an regelmäßig wiederkehrende Ereignisse des Bauernlebens: das Fest des Erntebeginns, an dem die ungesäuerten Brote, die Mazzoth, gebacken wurden; das sieben Wochen später gefeierte Fest des Ernteschlusses; das Fest der Weinlese, bei dem man in Lauben wohnte;

das später mit dem Mazzenfest zusammengelegte Passahfest, wo man die jungen Lämmer schlachtete. Weitere Einschnitte bildeten das Neumondfest und das Marktfest des siebenten Wochentags, an dem die Ackerarbeit ruhte. Der Sabbat ist ursprünglich etwas ganz anderes als der spätere: ein Tag der Erholung für Knecht und Magd, Feld und Vieh, ein Anlass zum Tauschverkehr und ländlichem Vergnügen – ein Tag den man aus dem ägyptischen Osiris-Kult mitgebracht hatte, der eigentlich den Tag der Sonne (in Verbindung mit der Rückkehr des Osiris aus dem Totenreich) bedeutete.

Beim Frühlingsfest des Passah, dem christlichen Ostern, wurde Jahwe die Erstgeburt der Tiere dargebracht, um ihnen weiteres Gedeihen zu sichern, vielfach aber auch einfach nur aus überströmender religiöser Dankbarkeit für den Segen des Herrn; die Opferung der Mazzen ist eine Erinnerung an die alte Backweise der Nomadenzeit oder, später nach der Entwicklung des Buches Exodus (4. Jh. v. Chr.), an die Flucht aus Ägypten, von wo die Israeliten in der Eile nur den rohen Teig mitnehmen konnten: doch ist dies eine später eingetragene Erklärung.

Aus dem Fest des Ernteschlusses, "dem Wochenfest", ist das christliche Pfingsten geworden: der Name kommt von dem griechischen pentekoste: der „fünfzigste" (Tag), weil es sieben Wochen nach Ostern fiel. Das Laubhüttenfest auf den Hängen der Öl- und Weinberge wurde sehr lustig und lärmend gefeiert und geht ebenfalls auf die Beduinenzeit zurück, wo das Volk noch in Zelten wohnte. Überhaupt fehlte den Opferfeiern im alten Israel jeder kirchliche Ernst: man „freute sich - vor - Jahwe", aß und trank, tanzte und sang, und auch Jahwe ist fröhlich über die dargebrachten Gaben, von denen man sich vorstellte, dass er sie ganz reell genieße: deshalb heißt das Opfer „die Speise Jahwes".

Auch sonst herrschte in den religiösen Anschauungen ein sehr kompakter Realismus. Dies zeigt sich unter anderem sehr deutlich in der Art, wie man sich zu der Glaubensfrage verhielt, die das Herzstück aller echten Religionen bildet, dem Fortleben nach dem Tode. Genau genommen hatten die Israeliten darüber überhaupt keine Vorstellungen: es war ihnen gar nicht zum Problem geworden. Die Hinterbliebenen legen Trauerkleider an, scheren sich das Haar, verwunden sich, erheben laute Klagen um den Toten, zu dem sie aber gleichwohl nicht die geringste Beziehung mehr haben: er ist in der Unterwelt, der „scheol“, bei den anderen Verstorbenen, die die rephaim, die „ Kraftlosen", heißen und gar keine greifbare Existenz mehr besitzen.

Das Leben ist der Hauch Gottes, der durch die Kreaturen weht; beim Tode schwindet dieser Hauch, und sie sind dahin: Gott selber kümmert sich dann nicht mehr um sie. Dass sie gelegentlich als Gespenster wiederkehren können, nimmt man gerade noch hin, kommt aber bekannter Weise in der Praxis sehr selten vor. Die höchsten Güter, um die unablässig gebetet wird, sind langes Leben, reicher Kindersegen und ewige Dauer des Geschlechts: nur der Lebende hat Recht, und die Unsterblichkeit liegt in der Fortpflanzung. Diese Anschauungen haben sich auch in späterer Zeit nicht wesentlich geändert. Auch im Buch Hiob (4.JH. v. Chr.) heißt es: „Der Mensch stirbt und ist fort; er verscheidet und wo ist er? Wie ein Strom versiegt und vertrocknet, so ist der Mensch, wenn er sich legt und wird nicht aufstehen und nicht aufwachen.“

Trotzdem entwickelte sich etwa von der Zeit Daniels an ein Auferstehungsglauben, aber wiederum ein sehr realistischer. Die „Märtyrer“ sollen aus ihren Gräbern zurückkehren, um das gewaltsam und verfrüht abgebrochene Leben fortzusetzen, ebenso „die Bösewichter“, um ihre Strafe zu erleiden. Denn Lohn und Strafe im Jenseits gibt es nicht, weil der Tote eben tot ist. Erst um die Zeit Jeschuas herrschte die Vorstellung, alle verstorbenen Israeliten würden beim Anbruch des messianischen Reichs auferstehen, um mit den noch lebenden Volksgenossen daran teilzunehmen. Aber bis dahin liegen sie bewusstlos in ihren Gräbern, auch werden sie nicht etwa zu einem höheren, jenseitigen Leben erweckt, sondern zu einer einfachen Fortsetzung dieses irdischen Lebens. Es handelt sich also auch hier bloß um einen leicht spirituell gefärbten Materialismus. Und auch an diesen glaubte nur die Bewegung der Pharisäer, während die Sadduzäer jegliche Auferstehung des Fleisches als nicht gottgewollt unmöglich ablehnten.Die älteren Rabbiner nahmen eine Mittelstellung ein und lehrten „die Auferstehung der Gerechten“.

Im Übrigen lässt sich eine gewisse urwüchsige Religiosität den alten Israeliten gewiss nicht absprechen. Sie äußerte sich vor allem darin, dass alles: das Größte und Kleinste, Heiligste und Profanste, als von Gott gesetzt empfunden wurde. Wie bei allen primitiven Völkern waren auch in Israel Brauch und Sitte die Grundlage der Moral; aber dieses durch Alter geweihte Herkommen galt hier eben als eine Stiftung der Gottheit.

Deshalb gibt es nur göttliche Gesetze und nur Sünden, aber keine Verbrechen, denn jedes Unrecht, vom Vatermord bis zur geringsten rituellen Verfehlung, ist eine Auflehnung gegen Jahwe, von dem allein alle Gebote und Verbote herrühren. Hierin berührt sich der Mosaismus mit dem Christentum, das zwischen der schwärzesten Missetat und der kleinsten Alltags-schwäche nur einen Gradunterschied kennt, aber keinen Wesensunterschied und alle seine Gebote in dem einen zusammenfasst, in Gott zu leben.

Trotzdem kann man nicht im eigentlichen Sinne von einer mosaischen oder von einer christ-lichen Religion reden, denn der Mosaismus war und ist eine Nationalbewegung die, einem einzelnen Volke gegeben, sich nur in diesem und mit diesem entwickelt hat und daher noch vervollkommnungsfähig wäre. Mose nimmt daher im Mosaismus keinerlei Zentralstellung ein, er ist ein Prophet neben anderen und überhaupt keine metaphysische, sondern wird als eine rein historische Größe angesehen. Mose ist kein Heilsmittler, wie Jahwe kein Heilsspender im christlichen Sinne. Was dieser schenkt, »sind irdische Güter: Sieg über die Feinde, Ernteglück, Familiensegen. Auch ist er, als ein rechter Regen- und Gewittergott, ebenso wohltätig wie schrecklich, auch launenhaft, jähzornig, nachträgerisch, ja bisweilen geradezu boshaft, indem er schadenfroh zur Sünde verleitet«: Gott und Satan in einer Person.

Jahwe ist auch keineswegs der Vater im Himmel. Als seine Wohnung denkt man sich entweder den Sinai oder bestimmte Heiligtümer oder das Land Kanaan, das eben darum das Heilige Land heißt; dort weilt er auf verschiedenen Bergen: dem Karmel, dem Tabor, dem Ölberg, dem Garizim. Immer aber, auch wenn er auf den Wolken daherkommt, ist sein Sitz die Erde. Der Himmel ist so wenig sein Reich, dass der Prophet Amos die Sünder vor ihm dorthin fliehen lässt. Er redet am liebsten im Krachen des Donners, im Beben der Erde, im Heulen des Sturms; der Wüstenwind ist sein Atem, der Blitz heißt „Jahwes Pfeil", der Regenbogen „Jahwes Bogen". Er entführt Elias auf feurigem Wagen und offenbart sich Mose im feurigen Busch, noch Ezechiel erscheint er als Feuer umflossene Gestalt in der Wetterwolke. Und sein Walten ist auch ebenso imposant und Furcht einflößend, elementar und unberechenbar wie eine Feuersbrunst: sein Zorn verzehrt Schuldige und Unschuldige.

Gerade dies, dass sein Wesen sich menschlichem Verstehen entzieht, verleiht ihm seine katastrophale Gewalt und Größe. Es stimmt zu diesen grimmigen Zügen, dass Jahwe in erster Linie ein Kriegsgott ist. Man muss dies einmal sehr prägnant ausdrücken, die Griechen hätten von den Israeliten, wenn sie sie auf der frühen Stufe ihrer völkischen Entwicklung beobachtet hätten, wahrscheinlich erklärt, dass sie den Ares verehren. Jahwe führt den Beinamen sebaoth, (Herr) „der Heerscharen"; der Kampfruf lautet: „für Jahwe!" Aber dieser Ableger der Jahwe-Bewegung führt in ein ganz anderes religiöses Umfeld.

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