Ein Leben nach dem Tod?
Sicher ist es nachvollziehbar, dass praktisch jede Kultur ihre eigenen Vorstellungen vom Wesen der Seele hervorbrachten. Seit mehr als 7000 Jahren denken Religionsstifter, Philosophen und Naturforscher über das Sterben nach und darüber, dass Geist und Körper nicht identisch sind. Der Glaube an das Unsterbliche im Menschen prägte insbesondere das christliche Weltbild - einschließlich der Ideen von Paradies und Verdammnis. „ Siehe ich sage euch ein Geheimnis, wir werden nicht alle sterben, wir werden aber alle verwandelt werden im Nu, in einem Augenblick. Es wird gesät in Verweslichkeit, es wird aufgeweckt in Unverweslichkeit. Es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird aufgeweckt ein geistiger Leib“, lautet es in einem dem Paulus zugeschriebenen Texte, welcher aber schon in älteren gnostischen (hermetischen) Schriften fast wörtlich zu finden ist. Auch in der islamischen Lehre ist die Seele unsterblich. „Im Tod ist keine Hinrichtung, er ist nicht das Nichts und auch kein Aufhören oder Verenden und kein Erlöschen. Er ist eine Reise in die ewige Glückseligkeit und zur ursprünglichen Heimat“ schrieb der Islamgelehrte Nursi.
Wie aber soll ein Weiterleben nach dem Tod funktionieren? Die abrahamitischen Religionen bleiben da sehr vage: Die Seele des Menschen – und vielleicht auch der höheren Tiere – verlässt nach dem Tod den Körper und beginnt ein Eigenleben. Mehr sagen die heiligen Schriften und Gelehrten nicht aus. Ganz anders die Wissenschaft, einzelne Forscher suchen nach wissenschaftlichen Theorien, um das Mysterium zu ergründen. Einige, überwiegend aus der christlichen Wissenschaft, waren skurril, wenn nicht gar sehr makaber. Aber darauf wollen wir jetzt im Einzelnen nicht eingehen; dies würde den Rahmen des Forums wohl sprengen, wenn wir von Selbstmorden im Dienste der Wissenschaft und Telefonversuchen aus dem Jenseits berichten. Solche Experimente blieben natürlich alle ohne Ergebnis.
Doch in jüngerer Zeit erarbeiten Naturwissenschaftler neue Konzepte, die eine immaterielle Weiterexistenz des Menschen erklären sollen – diesmal im Einklang mit den Naturgesetzen. Ich empfehle hier die gar nicht unklugen Erklärungen des australischen Nobelpreisträgers der Medizin und Hirnforschers Sir John Eccles. Welcher nicht nur glaubte, sondern nach seiner und vieler anderer Auffassung bewies, dass Körper und Seele zwei getrennte Einheiten seien, die unabhängig von einander existieren können. Die Seele hänge aber eng mit dem „Selbst“ des Menschen zusammen. Das Selbst wiederum solle unser Bewusstsein hervorbringen. Immerhin konnte er Beweisen, dass die von ihm benannten „Psychonen“ auf die Pyramidenzellen der Großhirnrinde einwirken. Dieser Prozess löst komplexe Gehirnaktivitäten aus und erzeugt z.B. unsere Gedanken und im Endeffekt wirkt so das Gehirn auf den Geist und der Geist beeinflusst das Gehirn. Dabei ist eines erwiesen, wenn die Synapsen vergehen, bleiben die Psychonen bestehen, weil sie wie Quantenfelder wirken, können sie sich an den „Weltgeist“ koppeln und somit das gesamte Universum durchdringen.
Damit haben wir endlich mal einen klugen Ansatz von einem dieser Säugetiere, welches unter Aufgabe der eigenen Unfehlbarkeit und Allwissenheit, versucht das „Höhere“, „Übergeordnete“ zu begreifen und zu erklären. Wenn wir das Bewusstsein der Spezies als Quantenprozess erklären, ist die unfassbare Natur der Seele eine zwangsläufige Folge.Einen ähnlichen Weg aus der Quantenmechanik beschreitet auch der britische Physiker Penrose. Eines ist sicher, in der Welt der Atome und Elementarteilchen regieren bizarre, für Menschen kaum nachvollziehbare Gesetzte. Elektronen etwa halten sich mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten an verschiedenen Orten gleichzeitig auf. Wenn man sie im Experiment dingfest machen will, scheinen sie sich spontan zu materialisieren. Selbst Vergangenheit und Zukunft lassen sich in der Quantenwelt nicht klar abgrenzen oder unterscheiden.
Penrose wurde so lange kritisiert bis der Anästhesist Stuart Hameroff einen medizinischen Zusammenhang zwischen Mikrotubuli und Geist eindeutig feststellte. Jedenfalls können wir die Vorstellungen der abrahamitischen und auch einiger anderer Religionen in diesem Zusammenhang getrost unbeachtet und kommentarlos zur Seite legen. Es sind aus der jeweiligen Situation der Vorgeschichte des Ursprunges der Volksmythen entstandene Erklärungsversuche von Dingen die man nicht zu erklären und zu begreifen in der Lage war. Interessant wäre da noch die Theorie von Physikprofessor Niemz. Seine aufgrund von Nahtoderfahrungen aufgestellte Erklärung: „Zu Lebzeiten ist unsere Seele als Bewusstsein da. Mit dem Tod wird sie auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, damit sie ins Jenseits gelangen kann.“ Dabei gehe sie in einen lichtähnlichen Zustand über. Physikalisch gesehen gleiche sie damit einer lichtschnellen Kugelwelle. Dies hätte zwei Konsequenzen: Laut Relativitäts-theorie vergeht die Zeit für lichtschnelle Objekte unendlich langsam, weiter schrumpft infolge der so genannten Längenkontraktion das Universum für eine solche Seele auf einen Punkt zusammen, ebenso verkürzt sich deren Geschichte auf einen Bruchteil eines Augenblickes. Schnell bewegte Gegenstände erscheinen bei der Längenmessung kürzer, bei Erreichen der Lichtgeschwindigkeit haben sie die Ausdehnung null. Ebenso endet der Ablauf der Zeit. Der unsterbliche Teil des Menschen ist also im gesamten Kosmos zugleich vorhanden (omnipräsent) und bleibt ewig bestehen, ohne dass dies mit den Gesetzen der Physik kollidieren würde. Niemz: „Diese Eigenschaften schreibt die Theologie seit Jahrtausenden Gott zu.“ Aber was er nicht bedenkt: In diesem Zustand gibt es keine Wahrnehmung eines Gegenübers, es bleibt als Endzustand nur das „Eins sein mit Allem“( vergl. Buddha). Hier entfernt er sich zu weit von den vorherigen Theorien. Möchten denn alle Eines sein, oder alle Gott sein. Stellen wir uns mal die Konsequenzen vor – alle Eines in Gott. Ist es denn wirklich so schwer von den vorherigen oder durch die vorherigen Theorien den richtigen Schluss zu ziehen: Wie groß ist die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten?
Buchtipp: Markolf Niemz – Lucy im Licht. Literaturhinweis: David Jones, Sir John Eccles, Descartes, Die Bibel, Der Koran.